Letztes Semester begann meine Woche immer mit einem sehr interessanten Abend in Hope City (“Stadt der Hoffnung”). Das ist kein Stadtteil, sondern ein Ableger des Gebetshauses - und eine sehr faszinierende und beeindruckende Kombination aus verschiedenen Diensten. Hope City liegt in einem Viertel in der Innenstadt, das man wahrscheinlich am besten als Ghetto beschreiben kann und das alle Klischees umfasst, die einem dazu einfallen. Armut und Arbeitslosigkeit, kaputte Familien und alle möglichen Abhängigkeiten, Obdachlose und Kleinkriminelle, Gangs und Schießereien - und alles in einer heruntergekommenen Nachbarschaft. In genau dieser Nachbarschaft hat Hope City einen Gebetsraum eröffnet. Auf diesen Gebetsraum aufgebaut sind verschiedene andere Dienste: Eine Suppenküche und Lebensmittelausgabe, Arbeit mit Jugendlichen, verschiedene Praktikumsmöglichkeiten im Gebetsraum, Rehabilitationsprogramme, Gottesdienste, und ein sicherer Hafen in einer gefährlichen Nachbarschaft.
Mein Team kam immer montagabends und verbrachte ca. eine Stunde mit den verschiedenen Menschen, die im Aufenthaltsraum saßen und warteten, bis es Zeit fürs Abendessen war. Teenagermütter, Tagelöhner, Obdachlose, Drogenabhängige, Kleinkinder und Senioren - es war ein bunter Mix! Auch wenn es uns erstmal nur darum ging, diesen Menschen Aufmerksamkeit, Zuneigung und Zeit zu schenken und ihnen zu zeigen, dass sie wertvoll sind, war es doch eine unglaubliche Herausforderung für meine Smalltalk-Fähigkeiten. Worüber unterhält man sich, wenn man aus zwei verschiedenen Welten kommt und sich dank Slang (und oftmals fehlenden Zähnen) überhaupt nur schwer versteht?!
Den Rest des Abends entlasteten wir die dortigen Mitarbeiter und bereiteten in der Küche das Abendessen vor: Relativ einfach, denn es gab montags immer Sandwiches mit Chips und einem Nachtisch. Was bedeutet, dass wir eigentlich nur auspacken mussten, was von Tankstellen gespendet wurde. Das Ganze wurde am Schluss durch ein Fenster nach draußen, an eine hungrige Schlange von Menschen gereicht.
Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das ganze so wirklich “mein Ding” wäre, habe ich doch durch diese Einblick in eine ganz andere, aber genauso reale Welt, sehr viel gelernt. Ein Kind, das in diesem Umfeld, in solch kaputten Familien aufwächst, hat eigentlich keine Chance aus diesem Kreislauf zu entkommen. Sich “hochzuarbeiten”, dem Ganzen aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe, zu entkommen, ist unmöglich. Diese Menschen sind Gefangene ihrer kaputten Denkstrukturen, Opfer des Traumas ihrer Kindheit, das sie emotional verkrüppelt hat, festgefahren in ungesunden, zerstörerischen Verhaltensweisen, und ohne Hoffnung und Vision für ihr Leben. Mal ganz zu schweigen von all den geistigen Festungen und Dämonen, die ihr Bestes geben, sie in diesem Kreislauf festzuhalten. Das ist die traurige Realität.
Gleichzeitig habe ich aber auch eine größere, mächtigere Realität gesehen: Die Kraft Gottes, freizusetzen, zu heilen und zu verändern. Viele der Mitarbeiter in Hope City sind ein lebendes Zeugnis genau davon. Mit Gott ist absolut gar nichts unmöglich. Wenn wir ihm unser Leben geben, macht er uns zu neuen Menschen. “Wenn jemand zu Christus gehört, ist er eine ganz neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen; etwas ganz Neues hat begonnen.” (2. Kor 5:17) Gott ist größer als all unsere Vergangenheit, stärker als die Kraft aller Sünde und Zerbrochenheit. Gott ist die Antwort auf die Not, auf jede Not, dieser Menschen. Mit ihm zusammen können sie ein neues Leben anfangen.
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